Magersucht, auch als Anorexie bezeichnet, beschreibt ein selbst herbeigeführtes deutliches Untergewicht, bei der gleichzeitigen übersteigerten Wahrnehmung weiterhin zu dick zu sein. Diese Wahrnehmung des eigenen Körpers bezeichnet man auch als Körperschemastörung. Von Anorexie sind zu über 90% Mädchen und Frauen betroffen. Ca. 1% aller erwachsenen Frauen in Deutschland leiden an Anorexie. Die Erkrankung entwickelt sich meist in der Pubertät. Die Gewichtsreduktion wird mittels unterschiedlicher Maßnahmen herbeigeführt. Hierzu gehören: Vermeidung von kalorienhaltigen Speisen, Fasten, Essensrituale oder sehr langsames Essen, Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln und übermäßiger Sport.

Entstehung von Magersucht

Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Magersucht gibt es unterschiedliche Theorien. Sexueller Missbrauch in der Vergangenheit aber auch andere negative Bindungserfahrungen können dazu führen, dass Kinder mit Eintritt in die Pubertät Magersucht entwickeln. Wenn sich der Körper verändert, sexuelle Bedürfnisse und Wünsche wach werden, kann dies als Bedrohung empfunden werden, die so zu unterbinden versucht wird.[1]

Magersucht und damit die Verweigerung von Nahrung, kann außerdem eine Distanz zum Familiensystem aufbauen, denn am gemeinsamen Essen wird nicht mehr teilgenommen oder die Person muss mitunter sogar stationär behandelt werden und entzieht sich auf diese Weise. Zugleich kann die lebensbedrohliche Erkrankung die Fürsorge der Eltern aktivieren, nach der sich das Kind eigentlich sehnt.[2]

Weitere Ursachen, die die Entstehung einer Magersucht beeinflussen können, sind:

  • Soziokulturelle Faktoren: Das in unserer Kultur vorherrschende Schönheitsideal, das sich durch übermäßige Fitness und Schlankheit auszeichnet. Dieser Effekt wird durch die Nutzung sozialer Medien noch weiter verstärkt. Dies ist insbesondere bei solchen sozialen Medien, die hauptsächlich über das Teilen von Bildern funktionieren, der Fall. In Gesellschaften, in denen dicke Menschen als schön gelten, tritt Magersucht kaum auf.[3]
  • Schwierigkeiten mit der weiblichen Geschlechterrolle: Durch die deutliche Gewichtsreduktion treten die weiblichen Körpermerkmale in den Hintergrund. Bei starkem Gewichtsverlust kommt es zudem regelmäßig zu einer Amenorrhö (Ausbleiben der Menstruation).
  • Leistungsgedanke in der Ursprungsfamilie: Oftmals sind Jugendliche betroffen, in deren Familie ein hohes Leistungsideal und ein entsprechender Druck herrschen. Die Fähigkeit zur Selbstkontrolle ist als eine enorme Willensleistung der Patientinnen und Patienten anzusehen.[4]

Essstörungen können schnell gesundheitsschädliche oder sogar lebensbedrohliche Folgen haben. Die Sterblichkeitsrate bei Magersucht liegt bei 10 – 15% und ist damit die höchste unter allen psychischen Erkrankungen.[5] Sollte Ihr Pflegekind betroffen sein, möchten wir Sie deshalb darin bestärken, frühzeitig Unterstützungsmöglichkeiten in Form von Beratungsangeboten und Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.

 

[1] Vgl. Koeslin, Jürgen; Streiber, Sonja (2015): Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker. 4. Auflage. München: Urban & Fischer, S. 164f.

[2] Vgl. Brisch, Karl Heinz (2019): Pubertät. Bindungspsychotherapie – Bindungsbasierte Beratung und Psychotherapie. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 174f.

[3] Vgl. Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut (2021): Gefährliche Schönheitsideale in sozialen Medien. Interview mit Prof. Dr. Eva Wunderer. URL: https://jugendhilfeportal.de/artikel/gefaehrliche-schoenheitsideale-in-sozialen-medien (zuletzt aufgerufen am 19.7.2023).

[4] Vgl. Koeslin, Jürgen; Streiber, Sonja (2015): Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker. 4. Auflage. München: Urban & Fischer, S. 164f.

[5] Vgl. Coy, Salima (2021): Was ist Magersucht? URL: https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/psychische-erkrankungen/was-ist-magersucht-2016426 (zuletzt aufgerufen am 20.9.2023).