Systeme funktionieren nach bestimmten Prinzipien. Einige hiervon lassen sich wir folgt beschreiben:
Alles verändert sich mit
Die Aufnahme eines Pflegekindes wirkt mittel- und unmittelbar verändernd auf alle Beteiligten, beispielsweise auch auf die Beziehung zwischen dem Pflegevater und dessen leiblichen Kind oder die Interaktion zwischen zwei leiblichen Geschwistern. Die Bewegung oder Veränderung eines einzelnen Teiles setzt eine Bewegung oder Veränderung aller anderen Teile in Gang. Systemisch spricht man auch von dem Prinzip „Ganzheit“.
Mehr als die Summe seiner Teile
Wenn ein Neues Mitglied zu einem System hinzukommt, bedeutet das nicht nur, dass es jetzt mehr Mitglieder sind, sondern auch, dass etwas ganz Neues entsteht. Wie in einem Orchester, in dem die Erweiterung um ein neues Instrument die ganze Musik verändert. Systemisch spricht man von „Übersummativität“.
Auf Umwegen
Vorgänge in Systemen folgen oft nicht der Logik von „Wenn …, dann ….“ (linear-kausal), sondern meist sind es vielschichtige Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten, die auch zirkuläre Kausalität genannt werden. Praktisch kann das bedeuten, dass z.B. der Streit zwischen den Pflegeeltern über eine unbezahlte Rechnung, eigentlich nur entsteht, weil beide aus ganz unterschiedlichen Gründen gerade sehr belastet sind und dadurch ungeduldig werden. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre über so eine Lappalie vielleicht gar kein Streit entstanden.
Alles ist offen
Familien als soziale Systeme sind offen und von ihrer Umwelt und der Interaktion mit dieser wechselseitig abhängig. Soziale Systeme sind in ständigem Austausch mit ihrer Umwelt und diese Interaktion ist die Grundlage der Selbsterhaltung. Damit eine Familie sich weiterentwickeln und überhaupt als Familie wahrnehmen kann, braucht sie den Kontakt zu anderen Familien, Freunden oder auch die Einbettung in andere Systemebenen, wie z.B. das Rechtssystem und die Politik. Auf all diese Impulse von außen reagiert ein System und verwandelt sich dadurch.
Alle in einem Boot
Systeme sind selbstregulierend und streben danach, einen stabilen Zustand aufrechtzuerhalten. Für das System der Pflegefamilie kann das so aussehen, dass sie versucht, die Zugehörigkeit der einzelnen Familienmitglieder zu stärken. Insbesondere der Kontakt zur Herkunftsfamilie kann z.B. dazu führen, dass Pflegeeltern noch stärker als sonst bemüht sind, das Pflegekind an sich zu binden.
Immer was anderes
Ein System ist umso stabiler, je vielfältiger und flexibler es auf deren komplexe Anforderungen reagieren kann. Familien erleben ständig Anforderungen von außen. Sei es der Kontakt mit der Herkunftsfamilie, ein Anruf des Jugendamts oder die Erwartungen von Lehrerinnen und Lehrern: Je flexibler die Familie reagieren kann und je leichter sie sich an Veränderungen anpassen kann, desto stabiler ist sie.
Nie ganz fertig
Familiensysteme sind in ständiger Entwicklung und in Lernprozessen, um auf Veränderungen in der Umwelt oder innerhalb des Systems reagieren zu können. Eine Familie ist also nie ganz fertig, so wie sich auch die einzelnen Mitglieder ständig weiterentwickeln, Erfahrungen machen und damit wieder verändernd auf das System wirken. Systemisch spricht man auch von “Systemevolution”.[1]
[1] Schwing, Rainer; Fryszer, Andreas (2017): Systemisches Handwerk. Werkzeug für die Praxis. 8. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 24f.