Während man bis vor Kurzem zwischen unterschiedlichen Formen des Autismus unterschied, spricht man aktuell von Autismus-Spektrum-Störung. Diese kann ganz unterschiedliche Ausprägungsgrade haben, von sehr starker Einschränkung /Behinderung, bis hin zu kaum auffälligem Verhalten der betroffenen Personen mit guter gesellschaftlicher Integration und beruflichem Erfolg.[1]

Autismus bezeichnet eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die sich schon vor dem dritten Lebensjahr zeigt und deren Ursachen bisher nicht geklärt sind. Die Betroffenen zeigen Auffälligkeiten in der Kommunikation und der sozialen Interaktion. Sie zeigen eingeschränkte, sich wiederholende Muster. Auffällig ist, dass Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung kein normales Kontakt- und Bindungsverhalten zeigen und kaum Interesse an nahem Kontakt oder Freundschaften zu haben scheinen. Es fällt ihnen schwer, eigene Gefühle der Trauer, Wut oder des Mitleids mitzuteilen oder empathisch mitzuempfinden. Etwa die Hälfte der betroffenen Kinder entwickelt keine Sprache oder spricht nur sehr schwer verständlich und monoton. Hinzu kommen Sprachverständnisstörungen, sodass auch Bezugspersonen oftmals nicht verstanden werden. Sie spielen wenig spontan und fantasievoll, sodass der Kontakt zu Gleichaltrigen oftmals sehr schwierig ist. Auffällig sind stereotype und sich wiederholende Bewegungen und Abläufe im Spiel und in der Interaktion. Wenn Gegenstände entfernt oder Abläufe nicht eingehalten werden, kann es zu starker Erregung, Wutausbrüchen und Aggressionen gegen sich selbst und andere kommen. Manche Kinder zeigen ein vermindertes Schmerzempfinden und reduzierte Sinneswahrnehmungen.[2]

Therapie und Integration

Eine ursächliche Therapie des Autismus-Spektrum-Störung ist nicht möglich, die Ausprägung und der Leidensdruck der betroffenen Personen können jedoch stark beeinflusst werden. Jede Verbesserung des Krankheitsbildes setzt eine gezielte Förderung und Therapie voraus. Ziel von Therapien ist es, die Fähigkeit zur Kontaktaufnahme zu schulen und eine selbständige Alltagsbewältigung zu trainieren. Hinzu kommen Sprach- und Lernförderung und die Verbesserung des Sozialverhaltens unter Gleichaltrigen. Bei Aggressionen hat es sich bewährt, autistische Kinder mit Blickkontakt feste in den Arm zu nehmen und ihnen auf diese Weise eine körperliche Begrenzung zu geben, bis die Erregung verebbt. Eine Verbesserung des Störungsbildes ist umso wahrscheinlicher, je höher die kognitiven Fähigkeiten und die Intelligenz eines Kindes sind. Auch wenn die Störung an sich nicht heilbar ist, können sich die von der ehemals als Asperger-Syndrom bezeichneten Form der Autismus-Spektrum-Störung Betroffenen im Erwachsenenalter in der Regel gut integrieren und insbesondere in Berufen, in denen ihre Qualitäten wie Pünktlichkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit gefragt sind, erfolgreich sein.[3]

Empfehlung

An dieser Stelle möchten wir Ihnen eine Podcastfolge von Pflegefamilien Deutschland empfehlen. Unter dem Titel „Leben mit behinderten Pflegekindern“ widmet sich die Folge diesem Thema und ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.pflegefamilien-deutschland.de/episode/leben-mit-behinderten-pflegekindern – Viel Freude beim Hören!

Auf der Seite des Bundesverbands zur Förderung von Menschen mit Autismus, autismus Deutschland e.V., finden Sie einen empfehlenswerten Elternratgeber für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung: https://www.autismus.de/fileadmin/user_upload/Elternratgeber_2._Auflage_Januar_2018.pdf

Gesetzliche Regelungen

Zusätzlich möchten wir Sie darauf aufmerksam machen, dass durch den § 35a SGB VIII gesetzlich geregelt ist, dass Kinder und Jugendliche mit (drohender) seelischer Behinderung einen besonderen Anspruch auf Eingliederungshilfe haben. Er wird z. B. für die Beantragung von Integrationsmaßnahmen herangezogen. Im Zusammenhang mit (drohenden) Behinderungen greift oft auch eine andere gesetzliche Grundlage, die sich im Bundesteilhabegesetz (BTHG) abbildet. Mehr Informationen hierzu finden Sie z. B. auf der Seite der Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. unter folgendem Link: https://www.lebenshilfe.de/eingliederungshilfe-und-das-bundesteilhabegesetz

 

[1] Vgl. autismus Deutschland e.V. Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus (o.J.): Was ist Autismus? URL: https://www.autismus.de/was-ist-autismus.html (zuletzt aufgerufen am 30.9.2023).

[2] Vgl. Koeslin, Jürgen; Streiber, Sonja (2015): Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker. 4. Auflage. München: Urban & Fischer, S. 237f.

[3] Vgl. Koeslin, Jürgen; Streiber, Sonja (2015): Psychiatrie und Psychotherapie für Heilpraktiker. 4. Auflage. München: Urban & Fischer, S. 239.