Der Übergang aus der Bereitschaftspflegefamilie in die Dauerpflegefamilie sollte gut begleitet werden. Einige Anhaltspunkte hierfür bietet das Konzept „sechs B´s“:

  • Beteiligung: Altersgemäße Informationen geben über das, was geschieht.
  • Bindungen würdigen: Auch in der Zeit der Bereitschaftspflege entstehen wichtige Bindungen. Das bedeutet, dass auch hier der Übergang behutsam gestaltet, die Bindungen der Bereitschaftspflegeeltern an das Kind und dessen Bindung an die Bereitschaftspflegeeltern wertgeschätzt und Trauerprozesse zugelassen werden müssen.
  • Biografiearbeit: Begleitete Biografiearbeit kann für die Zeit in der Bereitschaftspflegefamilie eine wertvolle Unterstützung sein. Sie gibt dem Kind nicht nur die Möglichkeit, seine Geschichte aufzuschreiben, sondern dabei auch den Fokus auf eine positive Beschreibung zu legen und sich als selbstwirksam zu erleben. Beispiele hierfür finden Sie in dem Buch „Die Himmelsrutsche“ von Monika Wiedemann-Kaiser.
  • Bücher: Einige Bücher über die Geschichten von Pflegekindern können Übergänge erleichtern. Empfehlungen hierzu finden Sie in der Bibliothek.
  • Begleitung: Übergänge brauchen eine vertraute und kontinuierliche Begleitung. Das sollte auch Thema im Hilfeplan sein.
  • Besuche: Auch nach dem Übergang in die Dauerpflege sollte dem Kind die Möglichkeit gegeben werden, Kontakt zur Bereitschaftspflegefamilie zu halten. Wichtig ist zugleich ein sensibler Umgang von allen Beteiligten, damit eine Konkurrenz zwischen beiden Familien vermieden wird.[1]

Schritte des Übergangs

Der Übergang aus der Bereitschaftspflegefamilie in die Dauerpflegefamilie sollte nach Möglichkeit mit bestimmten Schritten ablaufen:

  1. Besuch der neuen Pflegeeltern bei der Bereitschaftspflegefamilie zum Kennenlernen des Kindes
  2. Bei weiteren Besuchen und je nach Alter ist das Kind auch zeitweise mit den neuen Personen bei der Bereitschaftspflegefamilie allein.
  3. Das Kind geht mit der neuen Person auch mal raus. Es sollte nicht gleich die ganze neue Familie sein, um eine Überforderung zu vermeiden.
  4. Das Kind besucht mit der Bereitschaftspflegeperson die neue Pflegefamilie.
  5. Schrittweise Ausweitung der Zeit für die Besuche in der neuen Pflegefamilie, ganze Tage in der neuen Pflegefamilie (kleine Kinder ohne Übernachtung)
  6. Umzug in die neue Pflegefamilie
  7. Besuch von oder bei der Bereitschaftspflegefamilie nach dem Umzug

Ende des Übergangs

Doch wann ist ein Übergang eigentlich abgeschlossen? Entscheidend ist die Gesamtsituation, wobei folgende Merkmale eine Rolle spielen können:

  • Die neuen Pflegeeltern und das Kind können kritische Situationen meistern, wie z. B. Einschlafsituationen, kleinere Auseinandersetzungen oder wenn das Kind beim Spiel stürzt.
  • Das Kind sucht Trost bei den neuen Bezugspersonen.
  • Es gibt Blickkontakt zwischen den neuen Pflegeeltern und dem Kind, Körperkontakt kann zugelassen werden.
  • Es finden Kommunikation und Gespräche statt.
  • Die Pflegeeltern haben eine gewisse Sicherheit in ihrer neuen Rolle gefunden.
  • Es gibt normale Alltags-, Essens- und Spielsituationen.[2]

Als Pflegeeltern unterstützen

Die meisten Pflegekinder erinnern sich noch Jahre später sehr gut an ihren ersten Tag in der Pflegefamilie und empfinden diese Zeit als sehr prägend für ihr gesamtes Leben in der Familie. Zunächst einmal ist sind viele von ihnen unsicher und reagieren sehr zurückhaltend und abwartend. Alles ist fremd und sie wissen möglicherweise nicht, wie sie sich verhalten sollen. Viele Dinge, die das Pflegekind erlebt, kann es noch nicht richtig einordnen. Kinder, die bereits in der Familie leben, können in dieser ersten Zeit sehr unterstützend wirken.[3]

Pflegeeltern können in dieser Phase versuchen, bei jeder Gelegenheit möglichst viel zu erklären und das Denken und Verhalten des Pflegekindes zu verstehen. Auch hier ist es förderlich, alles Geschehen mit der Annahme des Guten Grundes zu betrachten.[4] Kinder, die eine starke Beziehungsorientierung in der Pflegefamilie erleben, können sich schneller einleben und relevante Entwicklungsschritte meistern. Beziehungsorientierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Beziehungen erst einmal wichtiger sind als Regeln und dass Konflikte gut zusammen ausgetragen werden können, ohne dass dabei die Beziehung in Frage gestellt wird. [5]   Die erwachsenen Bezugspersonen sollten sich sensibel für das Erleben und den Alltag des Kindes interessieren und die Steuerung der Beziehung dem Kind zu überlassen, ohne sein Verhalten zu pathologisieren. [6]

Klare Rollenverteilung

Sehr wichtig ist eine klare Rollenverteilung zwischen den Generationen: Die Erwachsenen kümmern sich um die Kinder und tragen die Verantwortung dafür, die Grundbedürfnisse nach körperlicher und emotionaler Versorgung zu befriedigen. Für viele Pflegekinder unterscheidet sich diese klare Aufgabenverteilung von dem, was sie in ihrer Herkunftsfamilie erlebt haben, in der sie womöglich Verantwortung für ihre Eltern oder die Geschwister übernommen haben. Langfristig dürfen sie ihre Aufmerksamkeit und ihre Energie bei den Pflegeeltern nun stattdessen für ihre eigenen Entwicklungsaufgaben nutzen. Pflegekinder, die ihr Ankommen in der Familie positiv erlebt haben, beschreiben, dass es gut für sie war, aktiv und intensiv an der Alltagsgestaltung mitzuwirken, Verantwortung zu übernehmen und wo möglich, eigene Entscheidungen zu treffen.

Es sollte klare Regeln geben, die für das Pflegekind verständlich und überschaubar sind und an denen es sich von Beginn an orientieren kann. Die Regeln sind also, wie alles andere, an der Beziehung zu dem Kind orientiert und werden durch die erwachsene Person als Interesse an dem Kind und zu seinem Schutz und Wohlergehen kommuniziert.[7]

 

[1] Heugel, Helga (2012): Gestaltung von Übergängen in die Pflegefamilien und in Anschlusshilfen − Vorstellung und Diskussion fachlicher Standards für die Gestaltung dieser Übergänge und verschiedener Fallbeispiele. In: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): „Lotsen im Übergang“. Rahmenbedingungen und Standards bei der Gestaltung von Übergängen für Pflegekinder. Dokumentation der Fachtagung am 14. und 15. Juni 2012 in Berlin. S. 53-66. S. 55f.

[2] Ebd., S. 61f.

[3] Sandmeir, Gunda; Scheuerer-Englisch, Hermann; Reimer, Daniela; Wolf, Klaus (2010): Begleitung von Pflegekindern. In: Kindler, Heinz; Helming, Elisabeth; Meysen, Thomas; Jurczyk, Karin (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V. S. 480-523. S. 487ff.

[4] Reimer, Daniela (2009): „Das war alles so fremd und anders.“ Wie Pflegekinder den Übergang in eine neue Familie erleben. In: Unsere Jugend. 61. Jahrgang, Ausgabe 6. S. 242-253. S. 250f.

[5] Wolf, Klaus (2012): Übergänge im Erleben von Pflegekindern und Qualitätsstandards. In: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): „Lotsen im Übergang“ Rahmenbedingungen und Standards bei der Gestaltung von Übergängen für Pflegekinder. Dokumentation der Fachtagung am 14. und 15. Juni 2012 in Berlin. S. 11-24. S. 20ff.

[6] Reimer, Daniela (2009): „Das war alles so fremd und anders.“ Wie Pflegekinder den Übergang in eine neue Familie erleben. In: Unsere Jugend. 61. Jahrgang, Ausgabe 6. S. 242-253. S. 250f.

[7] Ebd., S. 250f.