Ungewöhnliche Belastungen und Probleme, die zusätzliche Entwicklungsaufgaben für gewisse Menschen mit sich bringen, werden in der Psychologie als kritische Lebensereignisse bezeichnet. Während alle Menschen lebensphasenspezifische Entwicklungsaufgaben zu meistern haben (z. B. den Übergang in die Schule), treten kritische Lebensereignisse unvorhersehbar ein und erschüttern die betroffene Person oder bringen sie zumindest vorübergehend in ein Ungleichgewicht. Die Welt ist dann nicht mehr, wie sie mal war. Kritische Lebensereignisse führen zu emotionalen Belastungen, wie Trauer, Angst, Hilflosigkeit und Verlust des Selbstwertgefühls. Bei einer angemessenen Bewältigung können sie positiv in die Persönlichkeitsentwicklung integriert werden. Ob ein Lebensereignis für die betreffende Person nachhaltig negative Folgen hat oder integriert werden kann, ist sehr unterschiedlich.

Auch bei einer Inpflegegabe handelt es sich um ein kritisches Lebensereignis, das bei allen Beteiligten einen Anpassungsprozess erfordert. Sowohl von dem Pflegekind als auch von den Pflege-, sowie Herkunftseltern muss die Unterbringung bewältigt werden. Die Bewältigung bezieht sich hierbei auf spezifische Entwicklungsaufgaben, die durch die Belastung entstehen und gemeistert werden müssen.[1]

[1] Werner, Karin (2019): Leben als Pflegekind. Die Perspektive jugendlicher Pflegekinder auf ihre Lebenssituation. Weinheim, Basel: Belz Juventa, S. 117ff.