Familien sind soziale Systeme. Wir leben in einer Welt von Systemen. Wir sprechen von Planetensystem, von Ökosystem, von Organsystem und von Familiensystem. Die Welt systemisch zu betrachten, gibt Orientierung und hilft, Ereignisse, Verhaltensweisen und Störungen im Zusammenhang zu verstehen.
Auch Familien, Institutionen und andere Gruppierungen, wie z.B. Glaubensgemeinschaften, kann man als Systeme betrachten. Man bezeichnet sie dann als soziale Systeme. Ein soziales System ist eine Ganzheit, die aus mehreren Teilen besteht. Diese Ganzheit funktioniert nach bestimmten Regeln. Die einzelnen Mitglieder nehmen bestimmte Rollen, Funktionen und Aufgaben ein.[1]
Wichtige Kennzeichen von Familiensystemen sind u.a.:[2]
- Abgrenzung
- Privatheit
- Dauerhaftigkeit
- Nähe
Pflegefamilien erschaffen sich selbst
Auf Pflegefamilien treffen diese Merkmale nur bedingt zu. Die Struktur von familiären und pflegefamiliären Beziehungen unterscheidet sich. Die Vollzeitpflege als Hilfe zur Erziehung kann berufsmäßig von verschiedenen Pflegepersonen erbracht werden. Pflegeeltern können dadurch, im Gegensatz zu leiblichen Eltern, ausgetauscht werden. Weiterhin sind Pflegeverhältnisse auf einen bestimmten Zeitraum angelegt und befristet. Es kann also nur bedingt von einem gemeinsamen Lebensweg und dauerhaften, vertrauensvollen Beziehungen gesprochen werden. Zuletzt ist das Pflegekind nicht aus einer Paarbeziehung hervorgegangen. Es ist ein Kind fremder Eltern. Deshalb gibt es nicht nur ein, sondern zwei Familiensysteme.[3] Pflegefamilien erschaffen sich selbst. Man bezeichnet das auch als „doing family“.[4]
[1] Kaiser, Peter (1993): Pflegefamilien im Netzwerk der Systeme. In: Zeitschrift für Familienforschung. 5. Jahrgang, Heft 1, S. 6.
[2] Helming, Elisabeth (2010): Die Pflegefamilie als Gestaltungsleistung. In: Kindler, Heinz; Helming, Elisabeth; Meysen, Thomas; Jurczyk, Karin (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V., S. 229.
[3] Gehres, Walter (2012): Identitätsbildung bei Pflegekindern. Sozialisation im Modus des Als-Ob. In: Sozialmagazin. Die Zeitschrift für Soziale Arbeit. 37. Jahrgang, Heft 5, S. 23.
[4] Helming, Elisabeth (2010): Die Pflegefamilie als Gestaltungsleistung. In: Kindler, Heinz; Helming, Elisabeth; Meysen, Thomas; Jurczyk, Karin (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V., S. 229.