Die Bereitschaftspflege ist eine Sonderform der Familienpflege, die entweder auf der gesetzlichen Regelung zur Hilfe zur Erziehung, das heißt, § 33 SGB VIII und / oder auf dem Gesetz zur Inobhutnahme, das heißt, § 42 SGB VIII, beruht. Hieran wird bereits deutlich, dass sich die Bereitschaftspflege zwischen Pflegefamilie und Inobhutnahme bewegt.
In der Praxis wird unterschieden zwischen der sogenannten Kurzzeitpflege, das heißt, einer Pflegefamilie, die Kinder für eine kurze, definierte Zeit bei sich aufnimmt und der Bereitschaftspflege. Während Kurzzeitpflegefamilien in der Regel wissen, wie lange ein Kind bei ihnen bleibt, zum Beispiel während eines Kur- oder Krankenhausaufenthalts der leiblichen Eltern, erfolgt die Unterbringung in einer Bereitschaftspflegefamilie akut und in der Regel für eine vorher nicht absehbare Dauer. Das bedeutet auch, dass das Kind, das in der Bereitschaftspflegefamilie aufgenommen wird, aus einer akuten und manchmal bis vor wenigen Stunden noch gegenwärtigen Krisensituation kommt.
Wie bei keiner anderen Hilfeform wird Bereitschaftspflegefamilien deshalb abverlangt, mit Widersprüchlichkeiten und Gegensätzen umzugehen und diese professionell und stabil auszuhandeln. Hierzu gehören die Balance zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, die Erwartung, sowohl Hilfe anzubieten als auch Kontrolle über die Situation zu erlangen, mit Bindung und Trennung umzugehen sowie Entscheidungen ebenso reflektiert zu treffen, wie spontan zu handeln. Ob ein Kind in einer Wohngruppe oder in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht wird, hängt vor allem vom Alter des Kindes ab. So empfiehlt das Deutsche Jugendinstitut für Kinder bis 6 Jahre eine Bereitschaftspflegefamilie, bei Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren muss im Rahmen des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden und Jugendliche ab 12 Jahren sollten überwiegend in einer Wohngruppe untergebracht werden.[1]
Die Bereitschaftspflege dient der Klärung und Ermittlung einer Perspektive für das Kind und kann in aller Regel nicht vorab geplant werden. Je nach Fall sind auch dem Jugendamt viele Informationen über das Kind noch unbekannt. Somit weiß die aufnehmende Bereitschaftspflegefamilie mitunter sehr wenig über die Umstände, die familiären Hintergründe und mögliche vorausgegangene Belastungen. Die Aufgabe der Bereitschaftspflegefamilie umfasst die Betreuung, Versorgung und Förderung des Kindes. Somit stehen Bereitschaftspflegeeltern in der Regel in einem engeren Austausch mit den sozialen Diensten als Dauerpflegepersonen.
Eine besondere Herausforderung für Bereitschaftspflegefamilien ergibt sich durch die unklare Verweildauer des Kindes. Oftmals bleiben Kinder mehrere Monate bei ihnen, sodass viele Bereitschaftspflegeeltern einen emotionalen Konflikt mit sich austragen müssen, wenn sich das Kind gerade eingelebt hat und dann in eine Dauerpflegefamilie vermittelt werden soll. In einigen Fällen können Bereitschaftspflegefamilien auch ein Kind dauerhaft bei sich aufnehmen, wenn die Rahmenbedingungen passen.[2]
Bereitschaftspflege in Zahlen
Kinder aller Altersbereiche kommen in Bereitschaftspflegefamilien unter. Die größte Gruppe von Ihnen bilden mit rund 43% die Kinder bis zum vollendeten 3. Lebensjahr und rund 16% befinden sich im Kindergartenalter, sodass nahezu 60% der Kinder beim Eintritt in die Bereitschaftspflegefamilie im Vorschulalter sind. Die zweitgrößte Gruppe sind Jugendliche (rund 24%), die älter als 12 Jahre alt sind. Schulkinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr machen nur rund 17% aus.
Bei knapp 30 % der Kinder und Jugendlichen dauert die Zeit in der Bereitschaftspflegefamilie maximal drei Wochen, während die meisten Kinder und Jugendlichen, nämlich rund 41 %, zwischen drei Wochen und drei Monaten in der Bereitschaftspflege sind. Zwischen drei und sechs Monaten sind rund 18% der Kinder in einer Bereitschaftspflegefamilie. Interessant ist auch der Zusammenhang zwischen dem Alter der Kinder und Jugendlichen und ihrer Dauer in der Bereitschaftspflege. Je jünger ein Kind ist, desto länger bleibt es im Durchschnitt in der Bereitschaftspflegefamilie. Manche von ihnen, etwa 11%, bleiben länger als ein halbes Jahr.
Bei Beendigung der Bereitschaftspflege kehren über 55% der Kinder und Jugendlichen in ihre Herkunftsfamilie zurück.
Bei knapp 45% wird sich für eine Fremdplatzierung entschieden. In diesem Fall wird fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in eine Vollzeitpflege vermittelt. Die Wahrscheinlichkeit einer Fremdplatzierung ist dann erhöht, wenn die Kinder schon bei Aufnahme in die Bereitschaftspflegefamilie psychische Störungen zeigen oder wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine Einschränkung des Sorgerechts bei den Herkunftseltern besteht.[3]
[1] Lillig, Susanne; Helming, Elisabeth; Blüml, Herbert; Schattner, Heinz (2002): Familiäre Bereitschaftsbetreuung. Empirische Ergebnisse und praktische Empfehlungen. Stuttgart: Kohlhammer. S. 60-63.
[2] Schreiber, Maria (1995): AG 2 – Bereitschaftspflege – Auffangstation oder Klärungshilfe? In: PFIFF e.V., Oeltjen, Sabine (Hrsg.): Bereitschaftspflege – Konzepte, Standards, Perspektiven. Dokumentation der bundesweiten Fachtagung 1.-3. November 1995 in Hamburg – Rissen. Hamburg: PFIFF e.V. S. 79-82. S. 79-80.
[3] Lillig, Susanne; Helming, Elisabeth; Blüml, Herbert; Schattner, Heinz (2002): Familiäre Bereitschaftsbetreuung. Empirische Ergebnisse und praktische Empfehlungen. Stuttgart: Kohlhammer. S. 106, 127, 130.