Unter Rückführungen werden „alle Beendigungen von Vollzeitpflegen verstanden, bei denen das Kind bzw. der oder die Jugendliche anschließend bei einem oder beiden leiblichen Eltern lebt“ (Kindler et al., 2010, S. 625). Von seitens des Pflegekindes ausgehend, ist es häufig gar nicht einfach, die Entscheidung hinsichtlich einer Rückführung zu treffen, da sich zumeist deren Rechte und Bedürfnisse widersprechen. So haben Kinder zum Beispiel das Recht, bei den eigenen Eltern aufzuwachsen und gleichzeitig das Recht auf Schutz. Auch das Bedürfnis nach möglichst guten Entwicklungsbedingungen steht dem elterlichen Recht, Sorge für das Kind zu tragen, erst einmal entgegen. Hier spielen nicht nur die Vermeidung von Kindeswohlgefährdung, sondern auch die Förderung des Kindeswohls eine Rolle.
Zudem kann es vorkommen, dass Herkunftseltern, die generell eine hohe Bereitschaft zur Veränderung zeigen, länger brauchen, um ihre Erziehungsfähigkeit wiederherzustellen, als es für das Kind vertretbar gewesen wäre. Im Zusammenhang mit Rückführungsbestrebungen sind regelmäßige Besuchskontakte besonders wichtig. Sie dienen der Herstellung, bzw. Aufrechterhaltung von Bindungen, sichern psychisch und räumlich den Platz des Kindes in der Herkunftsfamilie und ermöglichen die Erprobung von Erziehungsfähigkeiten, die die Herkunftseltern im Rahmen von Hilfen zur Erziehung neu erworben haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind zu seinen Herkunftseltern rückgeführt wird, ist in der ersten Zeit nach der Inpflegegabe am größten. Sie nimmt ab, je länger ein Kind bereits bei seinen Pflegeeltern lebt.[1]
Bei einer Rückführung sollten folgende Aspekte bedacht werden:
- Durch die Trennung des Kindes von der Pflegefamilie besteht keine Gefahr der Kindeswohlgefährdung.
- Die Eignung der Erziehungsfähigkeit der Eltern wurde geprüft und wird unterstützt.
- Bei der Rückführung werden dem Kind zwar erhebliche aber bewältigbare psychische Belastungen zugemutet. Zum Beispiel die Trennung von der Pflegefamilie, der Umzug und die Eingewöhnung in das neue Umfeld.
- Die Rückführung sagt nichts darüber aus, ob die Integration in die Pflegefamilie gelungen war.[2]
Die grundsätzliche Möglichkeit zur Rückführung ist gesetzlich verankert. Sie ergibt sich aus §1632 BGB. Hierin steht, dass die personensorgeberechtigten Eltern das Recht haben, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es ihnen widerrechtlich vorenthält. Für Pflegeeltern ist in diesem Zusammenhang auch die sogenannte Verbleibensanordnung interessant.[3]
[1] Vgl. Kindler, Heinz; Küfner, Marion; Thrum, Kathrin; Gabler, Sandra (2010): Rückführung und Verselbstständigung. In: Kindler, Heinz; Helming, Elisabeth; Meysen, Thomas; Jurczyk, Karin (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V. S. 615-665. S. 615f.
[2] Petri, Corinna; Pierlings, Judith; Schäfer, Dirk (2015): Zusammenarbeit mit Eltern in der Pflegekinderhilfe am Beispiel von Rückkehrprozessen. In: unsere jugend, 67. Jg.; München Basel: Ernst Reinhardt Verlag, S. 375 – 384. à S. 376-382.
[3] Kindler, Heinz; Küfner, Marion; Thrum, Kathrin; Gabler, Sandra (2010): Rückführung und Verselbstständigung. In: Kindler, Heinz; Helming, Elisabeth; Meysen, Thomas; Jurczyk, Karin (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V. S. 615-665. S. 623.